Um tierische Produkte und den Tierbestand zu reduzieren, soll das Prinzip des Zertifikate-Handels auf die Produktion tierischer Produkte übertragen werden 14 26. Wer in der Europäischen Union tierische Produkten herstellt, muss Zertifikate für die Treibhausgase erwerben, die dabei entstehen. Die absolute Menge der Zertifikate ist begrenzt und wird jährlich knapper.
Der europäische Emissionshandel stellt eine erfolgsversprechende Maßnahme dar, um die Emissionen in der Landwirtschaft und den Tierbestand auf ein klimaverträgliches Maß zu reduzieren. Die jährlich ausgegebenen Zertifikate werden mengenmäßig gedeckelt und die Anzahl schrittweise reduziert. Mit steigender Knappheit werden die Zertifikate teurer. Der Effekt: Der Preis für tierische Produkte steigt zunächst aufgrund der Zertifikatskosten. Mit sinkender Zertifikatsmenge wird dann der Tierbestand schrittweise auf ein klimaverträgliches Maß reduziert. Dass der Zertifikate-Handel effektiv ist, hat das EU-Emissionshandelssystem (EU-ETS) bereits im Energiesektor bewiesen 21 22.
Ein großer Vorteil des Emissionshandelssystems ist, dass Emissionen mit größtmöglicher Effizienz reduziert werden: Emissionen werden dort gemindert, wo es für die Volkswirtschaft am kostengünstigsten ist 22. Um wirklich effektiv zu sein, muss die auszugebende Zertifikatmenge konsequent am Pariser Klimaabkommen ausgerichtet werden 14.
Eine Alternative wäre eine Emissions-Steuer, wie sie gerade in Dänemark beschlossen wurde. Doch während die Landwirtschaft dort der Steuer zustimmt 18, trifft die Besteuerung tierischer Produkte in Deutschland auf wenig Akzeptanz seitens der Politik, Landwirtschaft und der Allgemeinheit. Deswegen erscheint für Deutschland und viele andere Länder der EU eine Steuer als ungeeignet 18 19. Das Zertifikate-System erscheint in diesen Ländern deutlich geeigneter.
Die Kosten für tierische Produkte bilden derzeit nicht den wahren Preis für ihre Herstellung und anderweitige Konsequenzen ab. Die Kosten für Klimafolgeschäden, Antibiotikaresistenzen, Wasserverunreinigung und vieles mehr trägt derzeit noch die Allgemeinheit.
Rechtliche Grundlage
Richtlinie 2003/87/EG des Europäischen Parlaments und des Rates über ein System für den Handel mit Zertifikaten für Treibhausgasemissionen und Richtlinie 2010/75/EU des Europäischen Parlaments und des Rates über Industrieemissionen.
Ausführliche Maßnahmenbeschreibung
Damit die Maßnahme nicht zu allzu viel Bürokratie führt, sollte der Emissionshandel nicht auf der Ebene der einzelnen Landwirt:innen eingeführt werden. Bei europaweit etwa 6,2 Mio tierhaltenden Betrieben scheint der administrative Aufwand und die notwendige Kontrolle zu groß 14.
Stattdessen setzt die Maßnahme an den sogenannten „Flaschenhälsen“ an: Dem verarbeitenden Gewerbe wie Schlachthöfen, Molkereien etc. So wird es ebenfalls für den EU-ETS2 geplant 29.
Sie erwerben die Emissionsberechtigungen in Form der Zertifikate. Da die Menge begrenzt ist, können sie nur noch eine bestimmte Anzahl an Verträgen mit Tierhaltungsbetrieben abschließen. Da die Zertifikate weniger werden, werden so nach und nach auch die Emissionen aus der Tierhaltung reduziert.
Wie genau sich die Einführung des EU-ETS für den Sektor Landwirtschaft auswirkt, kann nicht genau vorhergesagt werden. Expert:innen schätzen jedoch, dass sich vor allem der Rinder- und Kuhbestand am meisten reduzieren wird. Die größten Emittenten sind Rindfleisch und Milchprodukte, wegen der hohen Emissionen aus der Verdauung der Wiederkäuer 10. Das muss jedoch nicht heißen, dass auch die Anzahl an Tieren oder Großvieheinheiten zurückgeht – es könnte mehr Hühner und Geflügel geben, die deutlich weniger emittieren.
Wichtig ist, dass die Zertifikate mit einigem Vorlauf vergeben werden, damit sich Landwirt:innen darauf einstellen können.
Die Maßnahme kann prinzipiell auch nur in Deutschland, und nicht auf EU-Ebene, umgesetzt werden. Allerdings besteht dann das große Risiko, dass sich die Emissionen auf Nachbarländer verschieben. Wenn in Deutschland produzierte tierische Produkte deutlich teurer würden, könnten sich Käufer:innen für die billigeren, ausländischen Produkte entscheiden. Damit wäre nichts gewonnen und durch den Transport würden zusätzliche Emissionen entstehen.
Potentiale
Landnutzungsänderung bedeutet, dass einst natürliche Böden und Flächen durch den Menschen in Anspruch genommen werden. Fast die Hälfte aller Grasflächen und ein Drittel aller natürlichen Wälder weltweit gingen verloren, weil sie in landwirtschaftliche Nutzflächen umgewandelt wurden 7 23. Bei einer Reduzierung des Tierbestands um 50 %, könnten mehrere Mio Hektar frei werden 10. Diese Flächen könnten dann z. B. für die Wiedervernässung von Mooren genutzt werden 10. Deswegen hilft eine Reduktion der Tierzahlen immer auch dem Schutz der Biodiversität.
Die Einnahmen aus dem EU-ETS fließen vollständig in den Klima- und Transformationsfonds (KTF). Die Einnahmen aus dem Emissionshandel für tierische Produkte könnten ebenfalls in einen ähnlichen Fonds für nachhaltige Landwirtschaft fließen. Mit den Einnahmen können finanzielle Anreize für nachhaltige Transformationen in der Landwirtschaft gesetzt werden.
Quelle: GermanZero
Idealerweise führt die Maßnahme auch dazu, dass Menschen weniger tierische Produkte konsumieren. Das kann positive Effekte für die menschliche Gesundheit haben. Die Bundeszentrale für Ernährung empfiehlt beispielsweise, wöchentlich nicht mehr als 300 Gramm Fleisch, Fleischprodukte und Wurst zu konsumieren. Tatsächlich ist der durchschnittliche Konsum jedoch mit durchschnittlichen 763 Gramm pro Woche mehr als doppelt so hoch.
Risiken
Land- und forstwirtschaftliche Produkte werden in großem Umfang international gehandelt. Daher kann eine CO2-Bepreisung im Rahmen des ETS in Europa dazu führen, dass emissionsintensive Produktionszweige in Drittstaaten verlagert werden und dort die Treibhausgasbilanz verschlechtern, auch Carbon Leakage-Effekte genannt.
Verlagerungseffekte ins Ausland können durch sogenannte Carbon Border Adjustment Mechanismen (CBAM) abgefangen werden. Sie erheben eine CO2-Abgabe auf importierte Waren. So können Wettbewerbsnachteile neutralisiert werden. Idealerweise werden EU-Importeure so auch dazu angeregt, ihre Emissionen zu reduzieren. Alternativen sind z. B. multilaterale Abkommen mit wichtigen Handelspartnern. Sie können eine verstärkte Klimaschutzambition in den entsprechenden Ländern fördern und das Risiko von Carbon Leakage verringern.
Höhere Kosten für tierische Produkte können soziale Ungleichheiten schüren, da Wohlhabende sich den Fleischkonsum weiterhin leisten könnten, während Geringverdiener:innen Abstriche in Kauf nehmen müssten. Fleischalternativen werden zunehmend qualitativ hochwertiger und günstiger als Fleischprodukte. Dennoch braucht es, um Ungleichheiten vorzubeugen, einen sozialen Ausgleich bei steigendem Preis. Dieser könnte v. a. durch einen sozialen Ausgleich für einkommensschwache Haushalte, wie dem Klimageld, realisiert werden.
Der Luftfahrtsektor stellt ein Beispiel für einen Sektor dar, der erst nachträglich hinzugefügt wurde. Seit 2012 ist er Teil des EU-Emissionshandelssystems (EU-ETS). Es verpflichtet Fluggesellschaften, für alle innereuropäischen Flüge Emissionszertifikate zu erwerben. Ab 2021 gilt eine jährliche Reduktionsrate von 2,2 % pro Jahr, ab 2024 4,3 % und ab 2028 4,4 % pro Jahr – jeweils im Vergleich zum Durchschnitt der Emissionen von 2004–2006. Langfristig kann das EU-ETS zu weiteren signifikanten Emissionsreduktionen im Luftfahrtsektor führen. So hat die EU demonstriert, dass der ETS erfolgreich in einem Sektor eingesetzt werden kann.
Quellen
Dänemark plant als erstes Land weltweit eine Klimasteuer für Schweinemast- und Milchbetriebe, um die Treibhausgasemissionen der Landwirtschaft zu reduzieren. 2030 werden Landwirt:innen 40 Euro pro Tonne CO2 jährlich zahlen. Bis 2035 sollen die Kosten auf 100 Euro steigen. Allerdings erhalten Landwirt:innen Entlastungen bei der Einkommenssteuer, sodass die effektive Belastung bei 15–40 Euro pro Tonne liegen wird. Die Steuer hatte eine Kommission aus Expert:innen empfohlen und die Landwirtschaft in Dänemark stimmt ihr zu.
Quellen
Eine Studie im Auftrag von Greenpeace, durchgeführt vom Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft e.V. (FÖS)
Prof. Dr. Folkhard Isermeyer vom Thünen-Institut
© Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature
Michalke, A., Stein, L., Fichtner, R., Gaugler, T., & Stoll-Kleemann, S.
Harwatt, H., Ripple, W. J., Chaudhary, A., Betts, M. G., & Hayek, M. N.
Machovina, B., Feeley, K. J., & Ripple, W. J.
Alexander, P., Rounsevell, M. D. A., Dislich, C., Dodson, J. R., Engström, K., Moran D.
Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft, Zugriffdatum: 17.07.2024
Legislative Analyst’s Office, Zugriffdatum: 17.07.2024
Mehr Informationen: https://ww2.arb.ca.gov/our-work/programs/cap-and-trade-program
Deutsche Emissionshandelsstelle (DEHSt) im Umweltbundesamt, Zugriffsdatum: 17.07.2024
Weishaupt, A., Ekardt, F., Garske, B., Stubenrauch, J., & Wieding, J.; S. 8 ff, S. 2 und S. 9
Die Tageszeitung: taz; Zugriffsdatum: 23.07.2024
Institut für Welternährung; Zugriffsdatum: 23.07.2024
Goldewijk; Glob. Biogeochem. Cycles 15, 417–433
FOCUS online; Zugriffsdatum: 23.02.2025
Bundeszentrum für Ernährung; Zugriffsdatum: 25.02.2025
European Commission. Directorate General for Climate Action. S. 66 ff. Zugriffsdatum: 23.02.2025
European Commission. Directorate General for Climate Action. Zugriffsdatum: 23.02.2025
Umweltbundesamt; Zugriffsdatum: 23.07.2024
Michal Glowacki; Zugriffsdatum: 23.02.2025
Zuständige Bundesminister:innen
Bundestagsabgeordnete aus den zuständigen Ausschüssen
Der Luftfahrtsektor stellt ein Beispiel für einen Sektor dar, der erst nachträglich hinzugefügt wurde. Seit 2012 ist er Teil des EU-Emissionshandelssystems (EU-ETS). Es verpflichtet Fluggesellschaften, für alle innereuropäischen Flüge Emissionszertifikate zu erwerben. Ab 2021 gilt eine jährliche Reduktionsrate von 2,2 % pro Jahr, ab 2024 4,3 % und ab 2028 4,4 % pro Jahr – jeweils im Vergleich zum Durchschnitt der Emissionen von 2004–2006. Langfristig kann das EU-ETS zu weiteren signifikanten Emissionsreduktionen im Luftfahrtsektor führen. So hat die EU demonstriert, dass der ETS erfolgreich in einem Sektor eingesetzt werden kann.
Quellen
Dänemark plant als erstes Land weltweit eine Klimasteuer für Schweinemast- und Milchbetriebe, um die Treibhausgasemissionen der Landwirtschaft zu reduzieren. 2030 werden Landwirt:innen 40 Euro pro Tonne CO2 jährlich zahlen. Bis 2035 sollen die Kosten auf 100 Euro steigen. Allerdings erhalten Landwirt:innen Entlastungen bei der Einkommenssteuer, sodass die effektive Belastung bei 15–40 Euro pro Tonne liegen wird. Die Steuer hatte eine Kommission aus Expert:innen empfohlen und die Landwirtschaft in Dänemark stimmt ihr zu.
Quellen
Eine Studie im Auftrag von Greenpeace, durchgeführt vom Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft e.V. (FÖS)
Prof. Dr. Folkhard Isermeyer vom Thünen-Institut
© Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature
Michalke, A., Stein, L., Fichtner, R., Gaugler, T., & Stoll-Kleemann, S.
Harwatt, H., Ripple, W. J., Chaudhary, A., Betts, M. G., & Hayek, M. N.
Machovina, B., Feeley, K. J., & Ripple, W. J.
Alexander, P., Rounsevell, M. D. A., Dislich, C., Dodson, J. R., Engström, K., Moran D.
Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft, Zugriffdatum: 17.07.2024
Legislative Analyst’s Office, Zugriffdatum: 17.07.2024
Mehr Informationen: https://ww2.arb.ca.gov/our-work/programs/cap-and-trade-program
Deutsche Emissionshandelsstelle (DEHSt) im Umweltbundesamt, Zugriffsdatum: 17.07.2024
Weishaupt, A., Ekardt, F., Garske, B., Stubenrauch, J., & Wieding, J.; S. 8 ff, S. 2 und S. 9
Die Tageszeitung: taz; Zugriffsdatum: 23.07.2024
Institut für Welternährung; Zugriffsdatum: 23.07.2024
Goldewijk; Glob. Biogeochem. Cycles 15, 417–433
FOCUS online; Zugriffsdatum: 23.02.2025
Bundeszentrum für Ernährung; Zugriffsdatum: 25.02.2025
European Commission. Directorate General for Climate Action. S. 66 ff. Zugriffsdatum: 23.02.2025
European Commission. Directorate General for Climate Action. Zugriffsdatum: 23.02.2025
Umweltbundesamt; Zugriffsdatum: 23.07.2024
Michal Glowacki; Zugriffsdatum: 23.02.2025
Zuständige Bundesminister:innen
Bundestagsabgeordnete aus den zuständigen Ausschüssen