Die Maßnahme zielt auf die räumliche Entzerrung und Reduktion der Nutztierbestände in der Landwirtschaft ab. Pro Nutztier sollen Landwirt:innen über eine Mindestfläche Land verfügen. Die Fläche dient jedoch nicht zwangsläufig dem Auslauf der Tiere dient, sondern der Produktion der Futtermittel und der Ausbringung des Düngers der Tiere.
Die Maßnahme ist gesellschaftlich und politisch anschlussfähig. Für die Reduktion des Tierbestands setzt unter anderem die Zukunftskommission Landwirtschaft maßgeblich auf flächengebundene Tierhaltung.1 Ob die Maßnahme effektiv zur Reduktion des Tierbestands und den Emissionen beiträgt, hängt davon ab, wie sie gestaltet wird. Bei einer gemäßigten Umsetzung hat die Maßnahme nur einen geringen Effekt.
Großvieheinheit (GVE oder auch GV) ist eine Kennzahl, die es erlaubt, mittels eines Umrechnungsschlüssels verschiedene Nutztierarten in einer einheitlichen Größe zu vergleichen. Sie wird in der deutschen Agrarstatistik verwendet. Wenn ein Betrieb im Jahr im Durchschnitt 500 kg Lebendgewicht hält, entspricht das 1 GVE. Ein Rind ab zwei Jahren entspricht etwa 1 GVE; Geflügel 0,004 GVE; Mastschweine mit 50 kg und mehr 0,16 GV; Ziegen etwa 0,08 GVE und Schafe ab dem ersten Jahr etwa 0,1 GVE.
Quelle: Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) (2024)
Knapp 40 % des deutschen Ackerlands werden derzeit für die Futtermittelproduktion von Nutztieren verwendet. Knapp 60% des verfügbaren Getreides, das in Deutschland angebaut wird, dient als Futtermittel. Würde die Anzahl der Nutztiere deutlich reduziert, könnte die freiwerdende Fläche für den Anbau von Nahrungsmitteln für den Menschen oder für den Naturschutz (z. B. Wiedervernässung der Moore) verwendet werden.
Quelle: Umweltbundesamt (2024)
Rechtliche Grundlage
Es bedarf eines neuen Gesetzes zur Einführung der flächengebundenen Tierhaltung. Zudem müssen verschiedene, bereits bestehende Gesetze angepasst werden, darunter das Gesetz über Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur und zur Sicherung land- und forstwirtschaftlicher Betriebe (Grundstückverkehrsgesetz – GrdstVG), das Landpachtverkehrsgesetz (LPachtVG) etc.
Ausführliche Maßnahmenbeschreibung
Die Maßnahme setzt landwirtschaftlich genutzte Flächen und Tierbestand in Relation. Ein landwirtschaftlicher Betrieb muss entsprechende Flächen nachweisen, um ausreichend Futtermittel für die Anzahl seiner Tiere erzeugen zu können. Außerdem muss er über genügend Flächen verfügen, um den durch die Tierhaltung entstehenden Dünger für den Anbau von Futtermittel zu nutzen. Hierbei darf es nicht durch Überdüngung zu Umweltschäden kommen.4 5
Die Flächenbindung schreibt nicht zwingend einen Weidegang bzw. genügend Auslauf für Nutztiere vor. Deswegen zielt diese Maßnahme nicht primär auf die Qualität der Tierhaltung ab, sondern auf die Reduktion von CO2-Emissionen. Über die Auslauffläche für die Tiere sagt diese Maßnahme nichts aus.
Für die Flächenmaße, also wie viel Fläche pro Tiere zur Verfügung stehen müssen, gibt es unterschiedliche Zahlen. Konkret gibt es drei Szenarien: 2,0 GVE/ha; 1,5 GVE/ha; 1,32 GVE/ha.
Szenario 1: Wird die derzeitige Ausbringungsobergrenze für Wirtschaftsdünger von 170 kg Stickstoff pro Jahr zugrunde gelegt, würde dies einem Bestand von etwa 2 Großvieheinheiten (GVE) pro Hektar entsprechen.6 Max. 2 GVE pro Hektar entspricht ebenfalls der EU-Richtlinie für ökologischen Landbau.7
Szenario 2: Der Sachverständigenrat für Umweltfragen empfiehlt eine Ausbringung von 80 bis 120 kg organischem Stickstoff pro Hektar und Jahr.8 Dies entspricht einer Haltung von ca. 1 bis 1,5 GVE je Hektar.4
Szenario 3: Der Bioverband Demeter legt in seinen Betrieben bereits einen GVE von 1,32 für den Einsatz von Düngemittel an (siehe Praxisbeispiel). Hierbei handelt es sich um das ambitionierteste Szenario.
Falls ein Betrieb nicht über die entsprechende Fläche für die Anzahl seiner Tiere verfügt, muss er die Tieranzahl reduzieren oder mehr Flächen in der regionalen Umgebung pachten. Für Härtefälle sollte es finanzielle Subventionen geben, um die Betriebe bei der Umstellung zu unterstützen.
Hintergrund
Ursprünglich sah die gesetzliche Bestimmung der Landwirtschaft in § 201 BauGB zumindest eine konkrete wechselseitige Verbindung von Tierhaltung, Ackerbau, Wiesen- und Weidewirtschaft vor. Sie wurde jedoch 2003 abgeschafft.9
Potentiale
Die Maßnahme schreibt vor, dass jeder Betrieb die notwendige Fläche braucht, um selbst Futtermittel anzubauen. Deswegen kann die Maßnahme dazu führen, dass Futtermittel wieder stärker vor Ort angebaut werden. Die Betriebe müssten weniger Futtermittel aus dem Ausland importieren. So kann Deutschland autarker und zusätzliche Emissionen eingespart werden.
Das Konzept der flächengebundenen Tierhaltung birgt das Potential, dass Landwirt:innen ihre Futtermittel vermehrt selbst auf den vorhandenen Flächen anbauen und der bei der Tierhaltung anfallende Dünger anschließend auf den Flächen des Futtermittelanbaus ausgebracht wird. Ziel ist ein geschlossener Nährstoffkreislauf
Der Einsatz von Düngemitteln ist nach der Tierhaltung der zweitgrößte THG-Emittent der Landwirtschaft und zudem stark schädlich für die Biodiversität. Auch er könnte durch diese Maßnahme reduziert werden.
Quelle: Umweltbundesamt (UBA) (2024)
Risiken
Um den eigenen Tierbestand nicht reduzieren zu müssen, könnten Betriebe auf andere Flächen ausweichen, z. B. in eine Region mit geringerer Viehdichte innerhalb oder außerhalb Deutschlands. Es könnten auch neue Tierhaltungsbetriebe in Regionen mit geringer Viehdichte entstehen. Deswegen ist die Maßnahme allein nicht ausreichend, um die Tierzahlen in Deutschland zu reduzieren. Hierfür braucht es weitere, ergänzende Maßnahmen, z. B. finanzielle Anreize für Betriebe, um ihre Größe zu reduzieren; eine Obergrenze für Großställe oder Maßnahmen, um die Produktion und den Konsum tierischer Produkte zu reduzieren.
Die EU-ÖKO-Verordnung gibt für die Erteilung des ÖKO-Siegels maximal 170 kg N/ha oder 2 Milchkühe pro Hektar vor (Quelle 21). Das sind umgerechnet 2 GVE. 2030 wurden 11,2 % der gesamten landwirtschaftlichen Fläche ökologisch bewirtschaftet. Bei jenen mit Tierhaltung herrscht dort 2,0 GVE.
Das Demeter-Siegel ist das strengste Öko-Label Deutschlands. Es schreibt seinen Betrieben vor, dass pro Hektar nur 112 kg Stickstoff anfallen dürfen, was etwa 1,32 GVE entspricht. Dadurch gibt es, laut Demeter, keine Nitratüberschüsse. Betriebe können zudem mindestens 80 % des Futters für Wiederkäuer selbst herstellen. Für die Tierhaltung generell gelten jedoch nur 2,0 GVE bei Demeter – abgesehen vom Düngemitteleinsatz.
Zukunft Landwirtschaft. Eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Empfehlungen der Zukunftskommission Landwirtschaft, S. 4f u. S. 91f.
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Quantifizierung von Maßnahmenvorschlägen der deutschen Zivilgesellschaft zu THG-Minderungspotenzialen in der Landwirtschaft bis 2030, S. 8ff, S. 19, S. 26ff.
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