Die Maßnahme fordert die Einführung eines bundesweiten Flächenzertifikathandels. Kommunen erhalten ein festgelegtes Kontingent an Zertifikaten, die bei zusätzlicher Versiegelung gehandelt werden müssen. Dadurch soll die Bebauung neuer Flächen reduziert 3 und eine effizientere Nutzung bereits bebauter Flächen gefördert werden, etwa durch Doppelnutzung.
Die Flächenversiegelung in Deutschland nimmt kontinuierlich zu 12. Die Bundesregierung hat sich im Rahmen der Deutschen Nachhaltigkeitsstrategie zum Ziel gesetzt, bis zum Jahr 2030 die Neuinanspruchnahme von Flächen für Siedlungen und Verkehr von heute 52 Hektar pro Tag auf unter 30 Hektar pro Tag zu verringern 2.
Bisherige Maßnahmen setzen primär auf kommunale Eigenverantwortung. Es braucht jedoch verbindliche Regelungen. Ein Flächenzertifikathandel schafft wirtschaftliche Anreize für eine effizientere Flächennutzung und kann so die Bebauung außerhalb bereits bestehender Siedlungs- und Stadtgebiete wirksam reduzieren. Planspiele zeigen, dass Baugebiete auf unversiegelten Flächen um bis zu 50 % verringert werden könnten 3. Die Doppelnutzung von Flächen wird gefördert. Beispiele hierfür sind die Nutzung von Dächern und Garagen für erneuerbare Energien oder die Kombination von landwirtschaftlicher Nutzung und Solarenergie auf demselben Feld. Eine Kombination mit weiteren Maßnahmen, wie der Subvention von Renaturierungen von Flächen (weiße Zertifikate) sowie einer Obergrenze (Verknappung) für Bauflächen sollte angestrebt werden.
In Deutschland werden täglich etwa 52 Hektar Boden versiegelt – das entspricht der Fläche von rund 72 Fußballfeldern. Je nach Art der vorherigen Nutzung hat die Versiegelung unterschiedliche Auswirkungen auf die CO2 Bilanz. In den meisten Fällen handelt es sich um Acker- oder Grünland, wodurch nicht nur CO2-Speicher verloren gehen, sondern auch Lebensraum für Tiere und Pflanzen schwindet. Zudem bleibt weniger Fläche für die Nahrungsmittelproduktion.
Quelle: Verlust von Flächen: Täglich gehen 52 Hektar verloren (2024)
Stark versiegelte Flächen haben auch negative Auswirkungen auf die Gesundheit. Durch die Klimakrise steigen die Temperaturen, und versiegelte Flächen speichern besonders viel Wärme. In Städten entstehen dadurch sogenannte Hitzeinseln, die das lokale Klima aufheizen und eine Gefahr für die Gesundheit von Menschen und Tieren darstellen.
Ausführliche Maßnahmenbeschreibung
Um die Neuinanspruchnahme von Flächen zu reduzieren, soll schnellstmöglich ein bundesweiter Flächenzertifikathandel eingeführt werden. Der Flächenzertifikathandel soll über eine zentrale Plattform organisiert werden. Kommunen erhalten jährlich ein kostenloses Kontingent an Zertifikaten, basierend auf ihrer Einwohnerzahl.
Für jede Neuausweisung von Bauflächen im Außenbereich (d. h. außerhalb bereits bestehender Siedlungs- und Stadtgebiete) müssen sie entsprechende Zertifikate einsetzen. Nicht genutzte Zertifikate können gehandelt oder für zukünftige Projekte angespart werden. Für Baumaßnahmen im bestehenden Siedlungsgebiet sind keine Zertifikate nötig.
Die Preisbildung erfolgt über den Marktmechanismus, wobei in einem Planspiel des Umweltbundesamtes ein durchschnittlicher Preis von 91 Euro pro Quadratmeter versiegelter Fläche ermittelt wurde.
Um die Wirksamkeit des Zertifikathandels zu erhöhen, muss eine verbindliche Obergrenze für die Gesamtmenge versiegelter Flächen festgelegt werden. Das können z. B. 30 Hektar pro Tag sein – was dem Ziel der Bundesregierung für 2030 entspricht. Langfristig sollte die Flächenneuinanspruchnahme auf Netto-Null reduziert werden, insbesondere bei einer nicht wachsenden Gesamtbevölkerung. Der Flächenzertifikathandel kann diesen Prozess steuern, indem die Gesamtmenge der ausgegebenen Zertifikate schrittweise reduziert wird.
Der Flächenzertifikathandel sollte Kommunen auch Anreize zur Entsiegelung bestehender Flächen bieten. Durch Rückplanung und Rückbaumaßnahmen können Kommunen sogenannte „Weiße Zertifikate“ erhalten, die sie für die Außenentwicklung an anderer Stelle nutzen, ansparen oder verkaufen können. Dies erleichtert den Übergang zur Flächenkreislaufwirtschaft (Netto-Null-Ziel) und ermöglicht eine schrittweise Reduzierung des versiegelten Flächenbestands.
Hintergrund
Flächenversiegelung hat erheblich negative Auswirkungen auf die CO2-Bilanz, da sie natürliche CO2-Senken zerstört und zusätzliche Emissionen verursacht. Gerade in Deutschland herrscht ein großer Flächendruck 2. Europaweit ist die Gesamtfläche der Städte seit den 1950ern um 78 % gestiegen 6.
Naturnahe Böden binden Kohlenstoff, indem sie CO2 aus der Atmosphäre aufnehmen und in organischer Substanz (z. B. Humus) speichern. Wird der Boden versiegelt – etwa durch Straßen, Gebäude oder Parkplätze – entfällt diese Speicherkapazität. Gleichzeitig wird oft vorher vorhandene Vegetation entfernt, wodurch eine weitere CO2-Senke entfällt. 5
Zusätzlich gibt es indirekte Effekte. Versiegelte Flächen erhöhen die Notwendigkeit für energieintensive Infrastrukturen wie Straßen, Kanalisation und Gebäudeheizungen. Durch Zersiedelung – also die ungeplante oder unkontrollierte Ausbreitung von Siedlungs- und Gewerbegebieten außerhalb von “im Zusammenhang bebauten” Ortsteilen – entstehen längere Verkehrswege, die zu höheren Emissionen durch den Autoverkehr führen. Darüber hinaus führt die Bodenverdichtung zu einer verstärkten Freisetzung von CO2 aus organischem Material im Boden. Werden Moore oder humusreiche Böden bebaut, werden große Mengen gebundenen Kohlenstoffs in die Atmosphäre freigesetzt (siehe Moor-Maßnahmen).
Potentiale
Durch den preislichen Anreiz wird die effizientere Nutzung von Flächen gefördert. Es wird wirtschaftlich attraktiver, Flächen effizienter zu bebauen oder eine Doppelnutzung anzustreben. Zudem erhalten neu erschlossene Flächen einen realistischeren Preis, da die ökologischen Folgekosten der Versiegelung stärker berücksichtigt werden.
Durch das Entsiegeln von Flächen kann die Bodengesundheit gesteigert werden. Das bedeutet, dass wichtige Ökosystemdienstleistungen geschützt werden, darunter Biodiversität, Wasserhaushalt und Naturräume für Tiere und Pflanzen.
Risiken
Wirtschaftlich starke oder wachsende Regionen in Deutschland werden vermutlich mehr Zertifikate kaufen, wohingegen wirtschaftlich schwache Regionen oder Regionen mit starker Abwanderung eher Zertifikate verkaufen oder ungenutzt lassen. Dadurch kann es zu Ungleichheiten in der regionalen Entwicklung kommen. Diese Ungleichheiten müssen berücksichtigt und gegebenenfalls durch fiskale Umverteilung abgemindert werden.
Ein Modellversuch mit 87 Kommunen in Deutschland testete die Wirksamkeit eines Flächenzertifikathandels, zur Steuerung der Flächeninanspruchnahme.
In diesem Versuch mussten Kommunen für jede Neuausweisung von Bauland Zertifikate erwerben. Diese wurden jährlich kostenfrei auf Basis der Bevölkerungszahl zugeteilt und konnten gehandelt oder angespart werden. Zudem gab es „weiße Zertifikate“ für Rückbau- und Renaturierungsmaßnahmen.
Die Ergebnisse des Modellversuchs zeigen, dass der Flächenverbrauch um ca. 50 % reduziert werden konnte, da Kommunen geplante Außenentwicklungen überdachten und verstärkt auf Innenentwicklung setzten. Die Markteffizienz lag zwischen 86 und 92 %, was zeigt, dass das System gut funktionieren kann. Zudem wurde beobachtet, dass Kommunen verstärkt Baugebiete mit negativem Fiskalwert - also solche, die mehr Kosten als Einnahmen verursachen - vermieden.
Quellen
Umweltbundesamt.
Leipniz-Informationszentrum Wirtschaft
European Environmental Egency. Abgerufen am 12.03.2025.
Deutsche Umwelthilfe
Zuständige Bundesminister:innen
Bundestagsabgeordnete aus den zuständigen Ausschüssen
Herr Harald Ebner
Vorsitzender Ausschuss für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz
Frau Astrid Damerow
Obfrau Ausschuss für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz
Herr Jürgen Kretz
Obmann Ausschuss für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz
Frau Judith Skudelny
Obfrau Ausschuss für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz
Herr Carsten Träger
Obmann Ausschuss für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz
Herr Muhanad Al-Halak
Mitglied Ausschuss für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz
Herr Jakob Blankenburg
Mitglied Ausschuss für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz
Herr Inaki Axel Echeverria Stefanski
Mitglied Ausschuss für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz
Herr Alexander Engelhard
Mitglied Ausschuss für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz
Frau Tessa Ganserer
Mitglied Ausschuss für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz
Herr Prof. Dr. Armin Grau
Mitglied Ausschuss für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz
Herr Nils Gründer
Mitglied Ausschuss für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz
Herr Oliver Grundmann
Mitglied Ausschuss für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz
Frau Ulrike Harzer
Mitglied Ausschuss für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz
Frau Linda Heitmann
Mitglied Ausschuss für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz
Frau Nadine Heselhaus
Mitglied Ausschuss für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz
Herr Christian Hirte
Mitglied Ausschuss für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz
Herr Olaf in der Beek
Mitglied Ausschuss für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz
Frau Anja Karliczek
Mitglied Ausschuss für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz
Frau Dr. Franziska Kersten
Mitglied Ausschuss für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz
Herr Helmut Kleebank
Mitglied Ausschuss für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz
Frau Dunja Kreiser
Mitglied Ausschuss für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz
Herr Klaus Mack
Mitglied Ausschuss für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz
Frau Dr. Astrid Mannes
Mitglied Ausschuss für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz
Frau Amira Mohamed Ali
Mitglied Ausschuss für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz
Herr Daniel Rinkert
Mitglied Ausschuss für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz
Frau Tabea Rößner
Mitglied Ausschuss für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz
Herr Daniel Schneider
Mitglied Ausschuss für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz
Frau Dr. Lina Seitzl
Mitglied Ausschuss für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz
Herr Björn Simon
Mitglied Ausschuss für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz
Herr Michael Thews
Mitglied Ausschuss für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz
Frau Dr. Anja Weisgerber
Mitglied Ausschuss für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz
Ein Modellversuch mit 87 Kommunen in Deutschland testete die Wirksamkeit eines Flächenzertifikathandels, zur Steuerung der Flächeninanspruchnahme.
In diesem Versuch mussten Kommunen für jede Neuausweisung von Bauland Zertifikate erwerben. Diese wurden jährlich kostenfrei auf Basis der Bevölkerungszahl zugeteilt und konnten gehandelt oder angespart werden. Zudem gab es „weiße Zertifikate“ für Rückbau- und Renaturierungsmaßnahmen.
Die Ergebnisse des Modellversuchs zeigen, dass der Flächenverbrauch um ca. 50 % reduziert werden konnte, da Kommunen geplante Außenentwicklungen überdachten und verstärkt auf Innenentwicklung setzten. Die Markteffizienz lag zwischen 86 und 92 %, was zeigt, dass das System gut funktionieren kann. Zudem wurde beobachtet, dass Kommunen verstärkt Baugebiete mit negativem Fiskalwert - also solche, die mehr Kosten als Einnahmen verursachen - vermieden.
Quellen
Umweltbundesamt.
Leipniz-Informationszentrum Wirtschaft
European Environmental Egency. Abgerufen am 12.03.2025.
Deutsche Umwelthilfe
Zuständige Bundesminister:innen
Bundestagsabgeordnete aus den zuständigen Ausschüssen