Durch ein Bündel an Maßnahmen soll die Sanierungsrate gesteigert werden und somit der Sanierungsstau (also die langfristige Vernachlässigung von Bausubstanz) in Deutschland überwunden werden. Mit der Sanierungstiefe wird angegeben, welcher energetische Standard mit einer Sanierung erreicht wird, also wieviel Energie das Gebäude nach der Sanierung noch pro Quadratmeter und Jahr benötigt . Die Kombination von Sanierungsrate und Sanierungstiefe ergibt die Sanierungswirkung.
Die Sanierungsrate beschreibt, welcher Anteil der Bestandsgebäude pro Jahr saniert werden und beträgt derzeit im Bereich der Gebäudehülle ca. 1 %.
Quelle: Deutsche Energie-Agentur (2019)
Etwa 70 % der Bestandsgebäude müssen saniert werden, um das Ziel der Klimaneutralität im Gebäudesektor bis 2035 zu erreichen.
Quelle: Mehr Demokratie e.V. und BürgerBegehren Klimaschutz (2020)
Die nötige Sanierungsrate beträgt mindestens 4 %.
Quelle: Wuppertal Institut (2020)
Mindestens 1 Millionen Häuser pro Jahr sollten saniert werden.
Die derzeitige Sanierungsrate in Deutschland entspricht einem theoretischen Sanierungszyklus des kompletten Gebäudebestands von 142 Jahren, also mehr als fünf Generationen.
Quelle: Oehler (2023)
Rechtliche Grundlage
Gebäudeenergiegesetz (GEG)
Ausführliche Maßnahmenbeschreibung
Eine wirksame Maßnahme für die Steigerung der Sanierungsrate ist eine Sanierungsflicht, die auf individuell erstellten Sanierungsfahrplänen basiert. Um Lock-In-Effekte zu vermeiden, indem in unzureichende Maßnahmen investiert und dann mehrere Jahrzehnte nicht mehr saniert wird, empfiehlt es sich eine ausreichende Sanierungstiefe zu definieren.
Hintergrund
Obwohl seit längerer Zeit bekannt ist, dass zum Erreichen der Klimaschutzziele Gebäude besser gedämmt werden müssen und Heizungssysteme umgestellt werden müssen, stagniert die Sanierungsrate. Dafür gibt es vielfältige Gründe: Herausforderungen sind in den langen Investitionszyklen und hohen Kosten für Maßnahmen an der Gebäudehülle genau wie an der Infrastruktur für die Wärmeversorgung zu sehen, die gepaart mit Gegenwartspräferenzen und Risikoaversionen Sanierungen verhindern.7 Hinzu kommen weitere Besonderheiten des Gebäudebereichs: Hauseigentümer:innen sind durchschnittlich 58 Jahre alt. An langfristigen Investitionen haben sie daher u.U. weniger Interesse.2 Auch kann die Finanzierung für sie eine Herausforderung darstellen. In Wohnungseigentümergemeinschaften können Hindernisse für Sanierungen bestehen.2 Hinzu kommt, dass Eigentümer:innen vermieteter Wohnungen geringe Anreize haben, energetische Sanierungen vorzunehmen, weil die Mieter:innen und nicht sie von den Energieeinsparungen profitieren (Mieter:in-Vermieter:in-Dilemma).7 Außerdem werden die eigenen Energiekosten (und die möglichen Einsparungen durch Sanierung) in selbst bewohnten Gebäuden oft unterschätzt. Teilweise haben Eigentümer:innen starke Präferenzen für bestimmte Produkteigenschaften (z.B. für die Ästhetik der Gebäudefassade).7
Teilmaßnahmen
dena-GEBÄUDEREPORT KOMPAKT 2019 „Statistiken und Analysen zur Energieeffizienz im Gebäudebestand“
"Die Sanierungsrate des gesamten Gebäudebestandes in Deutschland muss von derzeit 1 auf mind. 1,5 Prozent ansteigen, um die anvisierten Klimaschutzziele zu erreichen. Dies ist eine konservative Schätzung und basiert auf einem technologieoffenen Szenario. Voraussetzung dafür ist eine beschleunigte Markterschließung innovativer Ansätze – beispielsweise klimaneutraler Brennstoffe." (S. 7)
Handbuch Klimaschutz (Erscheinungstermin: 03.09.2020. Herausgegeben von Mehr Demokratie e. V. und BürgerBegehren Klimaschutz. Verfasst von einem Autor*innenteam unter der Leitung von Karl-Martin Hentschel):
"Alle anderen Häuser (ca. 70 Prozent) müssen innerhalb der nächsten 25 Jahre saniert werden. Um das zu erreichen, müssen pro Jahr etwa 3 Prozent der Häuser gedämmt werden (heute ist es nur 1 Prozent). Der größte Handlungsbedarf besteht im Bereich der Ein- und Zweifamilienhäuser, denn hier sind die Wohnflächen pro Person am größten und der Energieverbrauch am höchsten." (S. 68)
CO2-neutral bis 2035: Eckpunkte eines deutschen Beitrags zur Einhaltung der 1,5-°C-Grenze
"Die energetische Sanierungsrate für Gebäude, die in den vergangenen Jahren bei ca. 1 Prozent des Bestands pro Jahr lag, ist deutlich zu niedrig für das Erreichen einer zeitnahen oder auch nur mittelfristigen Treibhausgasneutralität. Vor allem, wenn ein treibhausgasneutraler Gebäudebestand ohne einen nur schwer zu deckenden Mehrbedarf an erneuerbaren Energieträgern bis 2035 erreicht werden soll, muss die jährliche Sanierungsrate auf eine beispiellose Höhe von etwa 4 Prozent gebracht werden." (S. 89)
Gemeinsame Position BAK, DGNB, DUH: Formel 1-1-100-100 (16.03.2021)
"Die Deutsche Umwelthilfe (DUH), die Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (DGNB) und die Bundesarchitektenkammer (BAK) fordern daher von einer nächsten Bundesregierung entschiedenes und systematisches Handeln entlang eines Sofortprogramms für den Gebäudebereich. [...] Die vier Sofortmaßnahmen: (1) 1 Million klimaneutral sanierte Gebäude – Bis 2025 schafft die Bundesregierung Anreize und Rahmen für die klimaschonende, energetische Sanierung von einer Million Bestandsgebäude, die einen Energie-Effizienzstandard von mindestens EH55 bzw. EG55 erreichen und einen klimaneutralen Betrieb – Betriebsenergie wie Nutzerstrom inkludiert – sichert. Ab 2025 werden jährlich eine Million weiterer Bestandsgebäude entsprechend saniert. [...]"
Oehler (2023). Emissionsfreie Gebäude. Springer Vieweg, Wiesbaden. Besonders relevant sind S. 103-120 und S. 305-308
Thomas, S., Bierwirth, A., März, S., Schüwer, D., Vondung, F., von Geibler, J., & Wagner, O. (2021). CO2-neutrale Gebäude bis spätestens 2045 (Zukunftsimpuls Nr. 21). Wuppertal Institut
Holzmann (2023) Mieter:innen und einkommensschwache Haushalte bei Energieeffizienz benachteiligt. Wirtschaftsdienst 103:192–197
Zuständige Bundesminister:innen
Bundestagsabgeordnete aus den zuständigen Ausschüssen
Frau Christina-Johanne Schröder
Mitglied Ausschuss für Wohnen, Stadtentwicklung, Bauwesen und Kommunen
dena-GEBÄUDEREPORT KOMPAKT 2019 „Statistiken und Analysen zur Energieeffizienz im Gebäudebestand“
"Die Sanierungsrate des gesamten Gebäudebestandes in Deutschland muss von derzeit 1 auf mind. 1,5 Prozent ansteigen, um die anvisierten Klimaschutzziele zu erreichen. Dies ist eine konservative Schätzung und basiert auf einem technologieoffenen Szenario. Voraussetzung dafür ist eine beschleunigte Markterschließung innovativer Ansätze – beispielsweise klimaneutraler Brennstoffe." (S. 7)
Handbuch Klimaschutz (Erscheinungstermin: 03.09.2020. Herausgegeben von Mehr Demokratie e. V. und BürgerBegehren Klimaschutz. Verfasst von einem Autor*innenteam unter der Leitung von Karl-Martin Hentschel):
"Alle anderen Häuser (ca. 70 Prozent) müssen innerhalb der nächsten 25 Jahre saniert werden. Um das zu erreichen, müssen pro Jahr etwa 3 Prozent der Häuser gedämmt werden (heute ist es nur 1 Prozent). Der größte Handlungsbedarf besteht im Bereich der Ein- und Zweifamilienhäuser, denn hier sind die Wohnflächen pro Person am größten und der Energieverbrauch am höchsten." (S. 68)
CO2-neutral bis 2035: Eckpunkte eines deutschen Beitrags zur Einhaltung der 1,5-°C-Grenze
"Die energetische Sanierungsrate für Gebäude, die in den vergangenen Jahren bei ca. 1 Prozent des Bestands pro Jahr lag, ist deutlich zu niedrig für das Erreichen einer zeitnahen oder auch nur mittelfristigen Treibhausgasneutralität. Vor allem, wenn ein treibhausgasneutraler Gebäudebestand ohne einen nur schwer zu deckenden Mehrbedarf an erneuerbaren Energieträgern bis 2035 erreicht werden soll, muss die jährliche Sanierungsrate auf eine beispiellose Höhe von etwa 4 Prozent gebracht werden." (S. 89)
Gemeinsame Position BAK, DGNB, DUH: Formel 1-1-100-100 (16.03.2021)
"Die Deutsche Umwelthilfe (DUH), die Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (DGNB) und die Bundesarchitektenkammer (BAK) fordern daher von einer nächsten Bundesregierung entschiedenes und systematisches Handeln entlang eines Sofortprogramms für den Gebäudebereich. [...] Die vier Sofortmaßnahmen: (1) 1 Million klimaneutral sanierte Gebäude – Bis 2025 schafft die Bundesregierung Anreize und Rahmen für die klimaschonende, energetische Sanierung von einer Million Bestandsgebäude, die einen Energie-Effizienzstandard von mindestens EH55 bzw. EG55 erreichen und einen klimaneutralen Betrieb – Betriebsenergie wie Nutzerstrom inkludiert – sichert. Ab 2025 werden jährlich eine Million weiterer Bestandsgebäude entsprechend saniert. [...]"
Oehler (2023). Emissionsfreie Gebäude. Springer Vieweg, Wiesbaden. Besonders relevant sind S. 103-120 und S. 305-308
Thomas, S., Bierwirth, A., März, S., Schüwer, D., Vondung, F., von Geibler, J., & Wagner, O. (2021). CO2-neutrale Gebäude bis spätestens 2045 (Zukunftsimpuls Nr. 21). Wuppertal Institut
Holzmann (2023) Mieter:innen und einkommensschwache Haushalte bei Energieeffizienz benachteiligt. Wirtschaftsdienst 103:192–197
Zuständige Bundesminister:innen
Bundestagsabgeordnete aus den zuständigen Ausschüssen